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So wird ein Sanierungsfahrplan erstellt

Seit einigen Jahren bin ich als Energieberater tätig und begleite im Schwerpunkt private Bauherren bei der energetischen Optimierung ihrer Häuser. In diesem Artikel schildere ich, wie ich bei der energetischen Sanierung üblicherweise vorgehe und wie dabei der sogenannte Sanierungsfahrplan entsteht – von der ersten Besichtigung bis zur Umsetzung und späteren Erfolgskontrolle der Gebäude Energieeffizienzklasse.

Im Frühjahr 2024 wurde ich von einer Familie in Oberstaufen beauftragt, ihr freistehendes Einfamilienhaus aus dem Jahr 1978 energetisch zu modernisieren. Das Ziel war klar: Die Senkung der Energiekosten, die Verbesserung des Wohn-Komforts und damit verbunden auch die die langfristige Reduzierung des CO₂-Ausstoßes. Gleichzeitig wünschten sich die Eigentümer eine Fördermittelberatung und eine professionelle Einschätzung von Kosten und Nutzen. Es sollte berechnet werden, wann sich bestimmte energetische Maßnahmen rechnen. Macht eine Fassadendämmung mehr Sinn, als der Austausch der Fenster? Ist bei einem ältere Gebäude der Einbau einer Wärmepumpe wirtschaftlich sinnvoll? Diese und weitere Fragen bewegen viele meiner Bauherren. Allgemeingültige Antworten gibt es nicht. Jedes Gebäude hat eigene bauphysikalische Eigenheiten, die bei der Beratung und bei dem erstellen eines Sanierungsfahrplans beachtet werden müssen.

Erster Schritt: Erfassung des Ist-Zustands

Der erste Schritt ist immer eine Bestandsaufnahme vor Ort. Dabei verschaffe ich mir einen Überblick über die Bausubstanz, die vorhandene Heiztechnik und die Qualität der Gebäudehülle. Zuerst sehe ich mir die Dämmung vom Dach und der Kellerdecke an. Bei Gebäuden aus dieser Zeit findet man in der Regel keine gedämmte Kellerdecke. Danach prüfe ich den Zustand der Fenster und der Außenwände. Zusätzlich lasse ich mir die Verbrauchsabrechnungen der letzten drei Jahre zeigen, um den tatsächlichen Energiebedarf zu ermitteln. So bin ich auch in Oberstaufen vorgegangen.

Das Ergebnis war wenig überraschend: Das Haus war zwar in einem soliden Zustand, aber energetisch veraltet. Die Ölheizung hatte schon über 40 Jahre auf dem Buckel, die Fenster und das Dach waren unzureichend gedämmt und die Warmwasserbereitung lief noch zentral über den Heizkessel. Eine solche Warmwasserbereitung ist ineffizient und teuer. Hinzu zusätzlich waren die meisten sichtbar installierten Heizungsleitungen unter der Kellerdecke nicht isoliert. Dadurch gehen jede Menge Energie verloren. Die undichten Kellerfenster hinter den Lichtschächten ließ die Abwärme der unisolierten Leitungen einfach nach draußen entweichen.

Baukontrolle Bauhelm liegt auf Tisch

 

Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP)

Nach Aufbereitung und Analyse der Ortsbegehung erstellte ich dann einen individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP), wie er von der Bundesförderung für Energieberatung für Wohngebäude (BAFA) gefordert ist. Ein Sanierungsfahrplan zeigt, welche Maßnahmen in welcher Reihenfolge sinnvoll und wirtschaftlich sind. Der Fahrplan bestand in diesem Fall aus 6 aufeinander abgestimmten Schritten:

  1. Austausch der alten Ölheizung gegen eine moderne Luft-Wasser-Wärmepumpe
  2. Dämmung der obersten Geschossdecke und der Kellerdecke
  3. Erneuerung der Fenster durch 3-fach-verglaste Wärmeschutzfenster
  4. Fassadendämmung (WDVS) mit mineralischer Dämmung
  5. Installation einer Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher
  6. Integration eines digitalen Energiemanagementsystems

Jede Maßnahme wurde in ihrem energetischen Nutzen, ihrer Wirtschaftlichkeit und ihrem Einsparpotenzial bewertet. Wichtig war es mir, den Eigentümern eine langfristige Perspektive zu bieten, ohne sie finanziell zu überfordern. Daher können die vorgeschlagenen Maßnahmen in 6 Stufen mit zeitlichen Abstand erfolgen.

Fördermittelberatung und Finanzierung

Ein zentraler Bestandteil meiner Arbeit ist die Fördermittelberatung. Ich prüfte alle relevanten Programme – von der BEG-Förderung über KfW-Kredite bis hin zu regionalen Zuschüssen. Gemeinsam mit der Familie entschieden wir uns für eine Kombination aus Zuschuss (für Wärmepumpe und Dämmmaßnahmen) und einem zinsgünstigen Kredit für die Zwischenfinanzierung.

Dann bereitete ich alle Förderanträge vor, erstellte die technische Projektbeschreibung und stand bei Rückfragen der Förderstellen zur Verfügung. Dadurch konnten die Eigentümer sich auf die Entscheidung und Auswahl der Handwerksunternehmen konzentrieren.

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Umsetzung und Baubegleitung

Während der Bauphase übernahm ich die energetische Fachplanung und die Baubegleitung gemäß den Anforderungen der BEG. Ich koordinierte die Gewerke, kontrollierte die fachgerechte Ausführung der Dämmarbeiten und überprüfte die Inbetriebnahme der Wärmepumpe. In diesem Fall bei einem älteren Gebäude war es besonders wichtig, Wärmebrücken zu vermeiden und eine möglichst luftdichte Ausführung der Gebäudehülle herzustellen – besonders im Bestand ist das nicht ganz einfach. Häufig müssen Schwachstellen zunächst identifiziert werden, um Schimmelbildung oder unnötige Wärmeverluste zu vermeiden.

Die Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 8 kWp wurde im Anschluss installiert, inklusive eines 7 kWh-Batteriespeichers. Zusammen mit der Wärmepumpe und der neuen Dämmung erreichten wir eine Primärenergieeinsparung von über 60 % gegenüber dem ursprünglichen Zustand.

Abschluss Sanierungsfahrplan

Nach Abschluss der Arbeiten wurden alle Maßnahmen dokumentiert, die neue Energieeffizienzklasse wurde berechnet und zum guten Schluss wurde von mir ein neuer Energieausweis ausgestellt. Das Gebäude erreichte nun die Effizienzhaus-Stufe 70 EE – ein hervorragender Wert für ein saniertes Bestandsgebäude.

Ein Jahr später erstattete ich der Familie einen Besuch. Die Heizkosten waren um etwa 65 % gesunken. Mit der PV-Anlage produziert das Haus rund 60 % des Strombedarfs selbst. Die Bewohner berichten, dass sich das Raumklima “gleichmäßiger” anfühlt und das Haus im Winter deutlich langsamer auskühlt. Für mich sind Besuche nach Abschluss von Sanierungsmaßnahmen bislang immer positiv gewesen. Es ist schön zu sehen, dass sich all der Aufwand lohnt und energetische Sanierungen wirklich funktionieren. Die Investition in die Zukunft lohnt sich ökologisch und wirtschaftlich.

Fragen zum Sanierungsfahrplan?


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