Architektur studieren in Düsseldorf ist kein Zuckerschlecken. Das war ein echter Präsentations-Marathon im BOUIBOUIBILK, der ehemaligen Hallen der Max-Mothes-Schraubenfabrik, die sich in den letzten Jahren zu einer angesagten Event-Location auf Abruf entwickelt hat. Die Zwischennutzung lief bis Ende 2018, denn dann werden die Gebäude abgerissen und weichen einem neuen Wohnquartier. Auch vor diesem Hintergrund war die Veranstaltung der Hochschule Düsseldorf ein besonderes Highlight: Es wurden mehr als 100 Arbeiten von Architekturstudenten der Hochschule Düsseldorf gezeigt. Die Fachbereiche Design und Architektur präsentierten die Ergebnisse des Wintersemesters 2017 /2018. Die Bearbeitung fand in Kooperation mit der IBA Thüringen statt (Internationale Bauausstellung). Die angehenden Düsseldorfer Architekten haben Apolda unter die Lupe genommen. Apolda? Apolda ist eine Kleinstadt in Thüringen und Teil der Internationalen Bauaustellung Thüringen. Das IBA Projekt ist dort auf elf Jahre angesetzt und läuft seit 2012. Hast du das gewusst? Übrigens, der Artikel über die HCU in Hamburg könnte dich auch interessieren.
Zukunftslabor Thüringen
Schon seit 2012 ist ganz Thüringen ein Zukunftslabor. Alle Projekte der Internationalen Bauausstellung sind Modellprojekte. Sie sollen Unterstützung und Anregung für die Zukunft geben. Die Bauaustellung fördert experimentelle Gestaltung und versteht sich als Prozess, der erst im Jahre 2023 seinen Abschluss finden wird. Die Erkenntnisse der IBA werden maßgeblich den Dialog zur Landesplanung und Stadtentwicklung beeinflussen. Gleichzeitig sollen auch Unternehmen von den Ergebnissen profitieren. Die IBA bringt internationale Aufmerksamkeit für Thüringen und beim Studium des Rahmenprogramms und der guten Dokumentation kommt mir unwillkürlich eine Idee: Das möchte ich mir vor Ort ansehen.
Stadtland = Architektur
STADTLAND ist das übergeordnete Thema der Bauaustellung in Thüringen. Der Name STADTLAND beschreibt die kleinteilige Siedlungsstruktur des Freistaats Thüringen. Die Beziehungen zwischen Mensch, Natur, Stadt und Landschaft müssen neu geplant und zukunftsfähig werden. Diese Planungen müssen und werden gesellschaftlichen Einfluss haben. Das, was über viele Jahrhunderte bewusst getrennt wurde (Stadt / Land), soll nun zusammenwachsen. Bevölkerungsentwicklung, gesellschaftliche und globale Veränderungen sind Grund genug , sich dem Thema anzunehmen. Stadt und Land sollen nicht nur gleichberechtigt nebeneinander existieren, sondern idealerweise in symbiotischer Beziehung stehen. Bei allen Überlegungen ist regionaler Bezug von großer Bedeutung. Die Entwicklungen in Thüringen sind typisch für viele anderen Regionen Europas, denn die Menschen zieht es in die Ballungszentren. Der ländliche Raum verliert zusehends an Attraktivität. Somit sind die Forschungsergebnisse der IBA Thüringen von weitreichender Bedeutung.
Sinnvoll Architektur studieren
Die Studenten waren in unterschiedlichen Arbeitsgruppen unterwegs. Dabei wurden verschiedene Projekte und inhaltliche Schwerpunkte bearbeitet. Architekten, Innenarchitekten und Designer arbeiteten Hand in Hand. So wurden Gebäude und öffentliche Räume von Architekturstudenten entwickelt, während sich die Innenarchitekten auf die Planung der Innenräume konzentrierten. Studenten des Fachbereichs Design fokussierten u.a. auf visuelle Kommunikation im Stadtraum. Die Entwurfsergebnisse dokumentieren eine riesige Bandbreite von Ideen.
Ideen, die anregen und im besten Sinne experimentell sind. Ohne Schranken im Denken! Die Haltungen und Werte der jungen Generation prägen diese Konzepte. Sehr intensiv wurde über Themen wie: lokale Selbstversorgung, generationsübergreifendes Zusammenleben und nachhaltiges Wirtschaften nachgedacht. Daraus entstanden sind neue Ansätze des Wohnens, Lebens und Arbeitens. Die “Jungen Wilden” nehmen sehr realistisch wichtige Themen der Zukunft auf und entwickeln Raumvisionen der Zukunft. Raumvisionen in denen Sie sich selbst wieder finden wollen. Beispielhaft möchte ich euch heute die Arbeit von Teddy Rubezhov und Robin Klauser vorstellen, die im 3.Semester Architektur studieren. Die beiden haben ein neues Nutzungskonzept für das Haus Am Brühl 3 in Apolda entwickelt.
Steckbrief Haus im Bestand
- Dreigeschossiges Mehrfamilienhaus, 1870 – 1918, Blockrandbebauung, Gründerzeit
- Massivbau mit Mauerwerk und ungenutztem Dachgeschoss
- Außenwände: Verputztes Ziegelmauerwerk
- Decken: Holzbalkendecken (Keller – Steingewölbe)
- Dach: Satteldach (unter 45°) mit Holzdeckung
- NGF Flächen: ca. 110 m² pro Etage
Entwicklungspotential
- Urbane/innerstädtische Lage, Mischbebauung (Wohnflächen und gewerblich genutzte Flächen
- Lage im Stadtkern, fußläufig erreichbar von zentralen Standorten, wie dem Marktplatz oder Rathaus
- Viele Dienstleistungen im Umfeld
- Gut ausgebaute Infrastruktur (Hauptverkehrsstraßen, öffentliche Verkehrsmittel, Schulen, medizinische Versorgung, Dienstleistungen), attraktiver Wohnstandort
- Im Erdgeschoss große Schaufenster, gut für gewerbliche Zwecke, viel Gestaltungsfreiraum für Nutzung
- Obergeschosse gut für Wohnnutzung, große Fenster und hohe Räume
Herausforderungen im Bestand
- Sehr kompakter Grundriss
- Für gewerblichen Nutzung recht klein
- Wenig direktes Sonnenlicht
- Alter Bausubstanz, energetische Sanierung
Entwurf und Nutzungskonzept
Der Name ist Programm – A(rt)polda, ein Kulturcafé. Das Haus vereint unterschiedliche Nutzungen: Ausstellung und Veranstaltungsraum und Wohnhaus für Kulturschaffende. Es soll ein Ort der Begegnung für Künstler aus der Region sein. Das Haus soll den kulturellen Dialog anregen. A(rt)polda wird eine Keimzelle der künstlerischen Entwicklung in der zeitgenössisch-kulturell eher wenig belebten Region. A(rt)polda lebt vom Zusammenspiel zweier Nutzungskonzepte: Zum einen das Kulturcafé im Erd- und Untergeschoss mit Ausstellungs- und Eventräumen, sowie einem Café und zum anderen das in den Obergeschossen befindliche Künstlerhaus, das neben Atelierräumen über Wohnungen mit Gemeinschaftsräumen verfügt. Die Ausstellungsfläche lässt sich zum einen unterteilen in den Ausstellungsraum im Bestandsgebäude und dem Ausstellungsraum im nachträglich errichteten Anbau. Beide Räume lassen sich durch mobile Trennwände individuell einteilen, um so verschiedene Ausstellungssituationen zu schaffen. Dabei lassen sich Bodenhülsen an verschiedenen Punkten im Raum anbringen, in die sich dann die Trennwände einhängen lassen. Eine Besonderheit des Cafés ist die Thekensituation. Dort befindet sich ein Möbel, welches über eine ausziehbare Theke verfügt und Faltpaneele, die einen Wechsel zwischen einem hermetisch abgeschlossenem und eine vollständig geöffneten System möglich machen. Die Mischung aus Wandelbarkeit im Café und der Modularität in den Ausstellungsräumen macht das Nutzungskonzept aus. Den Künstlern steht in beiden Obergeschossen jeweils ein großzügiger Atelierraum zur Verfügung, der direkt aus den einzelnen Wohnräumen zugänglich ist. Die Möbel im Atelier und den WG-Zimmern sind so konzipiert, dass sie verschiedenen Ansprüchen, die sich aus der häufig wechseln den Belegung von Kunstschaffenden ergeben, gerecht werden. Die Schlafzimmer bieten mit eigenem Bad einen hohen Komfort, sind aber zugleich so ausgelegt, dass Arbeit vornehmlich im Gemeinschaftsatelier ausgeführt werden soll, um den Austausch der Künstler untereinander zu fördern. Das Dachgeschoss ist ein gemeinsamer Ess-, Koch- und Aufenthaltsraum.