Baumensch

Gebäude Baujahr 1920 bis 1930

Zu Beginn der 1920er-Jahre wurde der verzierte Stil der Gründerzeit unmodern. Neue wirtschaftliche und soziale Verhältnisse brauchten neuen Wohnformen. Das Bauhaus mit seinen innovativen industriellen Baustoffen machten Schule. Seit 1920 entstanden neue Architekturformen und mehr und mehr industrielle Bauprodukte eroberten den Markt. Der soziale Wohnungsbau brachte u.a. die kleinen, funktionalen Frankfurter Küchen hervor. Die Toilette wurde das erste Mal im Badezimmer eingebaut und nicht mehr auf halber Treppe. Wohnhäuser mit Baujahr 1920 bis 1930 Jahre, besonders in Wohnsiedlungen der Stadtrandgebiete, hatten kleinere Grundrisse, als die Häuser aus der Jahrhundertwende. Die Wandstärken wurden reduziert und Bims bzw. Bimshohlblocksteine ersetzten Ziegel als bevorzugtes Baumaterial für Wände. Wer schon mal einen Dübel in eine solche Wand bohren wollte, versteht, warum sich Bims als Wandmaterial nicht durchgesetzt hat. Es bröselt nämlich sehr und normale Dübel halten meistens nicht gut. Einfache Putzfassaden setzten sich gegen verzierte Stuckfassaden durch. In jener Zeit trugen Holzbalken immer noch die meisten Geschossdecken. Die Beheizung der Räume erfolgte über Einzelöfen. WC und Bad wurden in den Wohnungen integriert. Kellerwände bestanden oft aus Stampfbeton, hatten aber nur unter der Kellerdecke eine Sperre gegen Feuchtigkeit.
Bauhaus Fassade im Sonnenlicht Baujahr 1920 bis 1930

Typische Merkmale fürs Baujahr 1920 bis 1930

  • Außenwände aus Ziegel- oder Bimsmauerwerk
  • Wandstärken zwischen 25 und 38 cm
  • Bisweilen Materialexperimente mit Stampfbeton oder Schlackensteinen
  • Gestaltung teilweise traditionell, überwiegend jedoch modern
  • Stahlbetondecken teilweise extrem dünn
  • Geringer Schall- und Wärmeschutz
  • Statische gewagte Sonderkonstruktion, z.B. Eckfenster und auskragende Bauteile

Typische Probleme und Mängel am Haus Baujahr 1920 bis 1930

Durch Temperaturschwankungen und wechselnde Luftfeuchtigkeit bewegen sich Gebäude minimal. Das führt im laufe der Zeit die zu Rissen im Putz und zu Abplatzungen am Sockel. Wegen dünner Wände kommt es außerdem zu Kondensatbildung. Zinkabdeckungen vorstehender Bauteile haben ebenfalls oft Baumängel. Dünne Innenwände aus Bauplatten oder zum Teil aus Fachwerk führen zu mangelhaftem Schall-, Wärme- und Brandschutz. Der Innenputz kann Risse und Abplatzungen zeigen. Geschossdecken in Holzbalkenkonstruktion waren für heutige Verhältnisse unterdimensioniert und sind nicht selten durchgebogen. Oft findet man Schwammbefall im Inneren von Holzdecken.

Die ersten Betondecken lagen häufig auf zu gering dimensionierten Stahlträgern. Neben verzogenen und undichten Innentüren, finden sich gerissene Fliesen und angefaulte Lagerhölzer an Dielen und Massivdecken. Treppen mit Holzstufen können abgenutzt, durchgetreten und wackelig sein. Außerdem knatschen sie. Man findet schadhafte mineralische Bauteile an Massivtreppen durch Bewegungen im Holz der Treppenwangen. Dadurch haben sich Treppen im Laufe der Jahre von der Treppenhauswand wegbewegt. Als Heizungen findet man Einzelofenheizungen sowie raumfressende und versottete Kaminzüge. Die ursprüngliche Elektroinstallation ist heutigen Belastungen nicht gewachsen und somit unbrauchbar. Für Trinkwasserleitungen wurden gesundheitsgefährdende Bleirohre verbaut. Sollten diese noch nicht ausgetauscht worden sein, hat das höchste Priorität.

Worauf bei der Besichtigung vom Gebäude 1920 bis 1930 zu achten ist

Das sollte bei einer Besichtigung eines Gebäudes aus 1920 bis 1930 überprüft werden: Die Unterspannbahn unter der Dachdeckung – auf diese wurde regelmäßig verzichtet. Die Original-Dacheindeckungen sind mittlerweile schadhaft. Gleiches gilt für Dachrinnen und Dachanschlüsse. Achte auch auf die Dachanschlüsse der Schornsteine. Freiliegende und eingemauerte Holzteile sind oft von Schädlingen befallen. Prüfe die Auflagerpunkte der Dachkonstruktion an. Gibt es durchgehende Risse, ist der Mauerwerksverband ordentlich ausgeführt? Bleiben die Giebelwände stehen, wenn das Dach erneuert wird? Statische Berechnungen gab es damals meistens nicht. Also sollte das auch bei einer Totalsanierung überprüft werden. Weisen die Balkone oder Loggien Risse auf? Laufen die Risse mit oder gegen die Tragrichtung? Liegen Bewehrungseisen offen und sind diese möglicherweise der Witterung ausgesetzt? Hat die Fassade Risse oder undichte Fugen? Riecht es modrig, wenn man die Kellertür öffnet? Die Kellerwände werden feucht sein, denn normalerweise wurden die Bodenplatte mit Ziegeln oder Sandsteinen verdichtet. Oberflächlich scheinen die Keller trocken zu sein, dennoch fehlt die horizontale Abdichtung in den Außenwänden. Prüfe, ob der Abwasseranschluss über eine Rückstauklappe verfügt. Ist er zugänglich oder einbetoniert?

Übliche Sanierungsmaßnahmen Baujahr 1920 bis 1930

Die schlichten Fassaden erhalten durch das spannungsreiche Zusammenspiel mit den historischen Sprossenfenstern ihren Charme. Bei der Renovierung der Fenster ist daher viel Feingefühl gefragt, um die Gestaltung mit den neuen, in der Regel dickeren Materialien zu bewerkstelligen. Wegen der sparsamen Bauweise sind Schall- und Wärmeschutz oft unzureichend. Sanierungsschwerpunkt ist die Optimierung von Wärmeschutz und Schallschutz, die Sanierung der Fassaden, neue Dacheindeckungen, die Sanierung von Feuchtigkeitsschäden im Keller und im Sockelbereich und die Erneuerung der kompletten Haustechnik. Die Überplanung der oft sehr kleinen Grundrisse mit kleinen Bädern erfordert Kreativität. Die Gestaltungsprinzipien dieser Bauzeit führten zu neuen statische Konstruktionen mit bisweilen experimentellem Charakter. Häufig wurden eingebundene Stahlträger genutzt, um frei auskragende Konstruktionen zu erzeugen. Diese Stahlkonstruktion ist besonders sorgfältig auf Korrosionsschäden zu untersuchen.

Typische Schadensbilder und Mängel

Außenwände und Innenwände

  • Durchfeuchtung von Kellerwänden und Erdgeschosswänden wegen fehlender Abdichtung
  • Risse und Fugen in tragenden Außenbauteilen, vor allem auch an Balkonen und Loggien
  • Ungenügender Schall- und Wärmeschutz
  • Ungenügender Schallschutz von Wohnungstrennwänden aufgrund geringer Wandstärken
  • Unzureichender Wärmeschutz von Treppenhauswänden
  • Geringe Festigkeit und geringer Verbund von Innenwänden aus großformatigen Bauplatten

Außenwandbekleidung und Dach

  • Putzschäden in Form von Rissen und Abplatzungen im Sockelbereich
  • Mangelnder Wärmeschutz von Außenwänden
  • Mangelnder Feuchteschutz von Außenwänden, z.B. durch fehlende Metallabdeckungen von Wandvorsprüngen
  • Fenster, AußentürenFäulnisschäden und Undichtigkeiten an Blend- und Flügelrahmen
  • Schäden an Roll- und Klappläden
  • Ungenügender Schall- und Wärmeschutz von Fenstern und Türen
  • Tierischer und pflanzlicher Schädlingsbefall an tragenden Holzteilen
  • Undichtigkeit durch schadhafte Eindeckung, fehlende Unterspannbahn sowie schadhafte Dachrinnen und Fallrohre
  • Unzureichende Wärmedämmung

Geschossdecken, Fußböden, Innentüren und Treppen

  • Durchbiegungen von unterdimensionierten Holzbalkendecken
  • Schwammbefall und Fäulnisschäden an Deckenbalken durch eindringende Feuchtigkeit
  • Korrosionsschäden an Stahlträgern im Kellergeschoss und bei auskragenden Bauteilen
  • Ausgetretene Bodenbeläge
  • Fäulnisschäden an Lagerhölzern von Erdgeschossdecken
  • Undichte, verzogene Innentüren
  • Ausgetretene und beschädigte Treppenbeläge
  • Fäulnisschäden und Schwammbefall an Holztreppen
  • Mangelnder Brandschutz und mangelnder Trittschallschutz der Treppen

Sanitärinstallation, Elektroinstallation und Heizung

  • Sanitärinstallation in technisch schlechtem Zustand
  • Unterdimensionierte Hausanschlüsse
  • Sehr beengte Raumverhältnisse bei Bad, WC und Küche
  • Fehlende Zentralheizung
  • Versottene Kaminzüge
  • Unsachgemäße Nachinstallation von Einzelheizungen
  • Unzureichende technische Ausführung der Elektroinstallation, oft ohne Schutzleiter
  • Ungenügende Unterverteilung und Absicherung
  • Unterdimensionierte Hausanschlüsse

Modernisierungsschwerpunkte an Häusern aus 1920 bis 1930

  • Abdichtung von Kelleraußenwänden gegen eindringende Feuchtigkeit
  • Verbesserung der Wärmedämmung von Außenwänden
  • Abdichtung von Außenwänden gegen aufsteigende Feuchtigkeit
  • Vergrößerung vorhandener Badezimmer
  • Verbesserung des Schallschutzes vorhandener Innenwände
  • Verbesserung des Schallschutzes von Decken
  • Verbesserung der Wärmedämmung von Dächern
  • Reparatur beziehungsweise Erneuerung der Dacheindeckung
  • Reparatur des Dachstuhls
  • Erneuerung der Fenster durch neue Fenster mit Isolierverglasung
  • Erneuerung der Haustechnik

Altbauten und Besonderheiten der Baujahre

Die gesellschaftliche und technischen Randbedingungen haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass Immobilien in unterschiedlichen Dekaden ihre eigenen Besonderheiten haben. Wir haben daher Steckbriefe bzw. eigene Beiträge für jene Gebäudetypen erstellt.

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