Baumensch

Vom Einfamilienhaus zum Mehrfamilienhaus

Wir beraten unsere Bauherren lange vor Beginn der eigentlichen Planung – ganz gleich, ob es um einen Neubau oder einen Umbau geht. Gründe für eine private Bauprojekt PE (Projektentwicklung) sind meistens größere Veränderungen im persönlichen Umfeld. Manchmal entsteht dann der Wunsch nach einer anderen Nutzung des Gebäudes. Heute berichte ich von einem privaten Projekt, das wir begleitet haben. Ähnliche Aufgaben stehen derzeit tausendfach an. Viele ähnliche Häuser wurden in den 1970er-Jahren gebaut. 70er Jahre Häuser sind jetzt über 45 Jahre alt. Die ursprünglichen Eigentümer geben die Immobilien altersbedingt auf oder vererben sie an die nächste Generation. Freistehende Einfamilienhäuser der 70er Jahre haben oft große Grundstücke und Grundrisse, die sich für Umbauten zu einem Mehrfamilienhaus oder zur Nachverdichtung (zweites Haus auf dem Grundstück) eignen.

In diesem Fall handelt sich um den Umbau eines freistehenden Einfamilienhaus aus 1975. Nach Beratung und Planung bauten wir das gute Stück zu einem Mehrfamilienhaus mit drei Wohnungen um. Mit dem Erfahrungsbericht möchte ich Eigentümern und Erben Mut machen, ihre Immobilien zukunftsfähig umzunutzen, statt sie vorschnell zu verkaufen. Denn oft lassen sich zu groß gewordene Einfamilienhäuser mit professioneller Hilfe in wirtschaftlich lukrative Wohnimmobilien verwandeln – und der Umwandlungsprozess kann sogar Spaß machen.

Ausgangssituation Einfamilienhaus der Eltern

Thomas war unser Kunde. Das Gebäude war sein ehemaliges Elternhaus. Thomas hatte wirtschaftliche und auch emotionale Motive, sich um die Immobilie zu kümmern. Nach dem Tod des Vaters lebte seine betagte Mutter weiter in dem Objekt. Die kleine Einliegerwohnung im Souterrain war vermietet. Das Appartement verfügt über einen separaten Eingang.

So wollte Thomas das Haus übernehmen und seiner Mutter abkaufen. Er wollte mit dem Kauf einem möglichen Erbstreit mit Geschwistern aus dem Weg gehen. Nach dem Kauf wollte er die Immobilie neu aufstellen: Das Haus sollte zu einer Kapitalanlage werden. Die Immobilie sollte langfristig nicht selbst genutzt werden. Beruflich war Thomas der Geschäftsführer eines kleinen Unternehmens. Er hatte die Mitarbeiterzahl in den letzten Jahren bewusst reduziert und plante nun, das Büro aus der Innenstadt für eine Zeit lang in das ehemalige Elternhaus zu verlegen. In Zukunft, nach Eintritt in den Ruhestand, sollten jedoch alle Flächen wieder zu Wohnzwecken vermietet werden. Aufgrund der Größe des Gebäudes konnten darin theoretisch drei separate Wohnungen entstehen. Dieses ambitionierte Vorhaben haben wir in mehreren Schritten auf den Weg gebracht.

Der rechtliche Rahmen

Zunächst verschafften wir uns Klarheit über den gültigen Bebauungsplan. Das Grundstück liegt in NRW in einem reinen Wohngebiet (§3 BauNVO). Das bedeutete:

  • Grundsätzlich ist in dem Bereich nur die Nutzung “Wohnen” zulässig
  • Eine “untergeordnete freiberufliche Tätigkeit” ist jedoch erlaubt, solange sie nicht “störend” wirkt
  • Mit vier Mitarbeitern und dem Bürobetrieb war diese Schwelle jedoch klar überschritten.

Wir haben Thomas empfohlen, die juristische Lage nicht auf die leichte Schulter zu nehmen: Eine gewerbliche Nutzung ohne Genehmigung hätte zu Problemen führen können– angefangen bei der Nutzungsuntersagung durch die Bauaufsicht bis hin zu steuerlichen Komplikationen.

Klärung Eigentum

Parallel zu den baurechtlichen Möglichkeiten loteten wir die Modalitäten des Erwerbs aus. Thomas wollte das Haus vor dem Erbfall von seiner Mutter kaufen. Sein Ziel war, die Eigentumsverhältnisse klar und eindeutig zu regeln. Wir sprachen darüber, dass der Kaufvertrag notariell beurkundet sein musste und auch etwaige Wohnrechte oder Nießbrauchrechte der Mutter sauber geregelt werden sollten. Diese Klärung war auch für die spätere Nutzungsänderung notwendig – denn nur als rechtlicher Eigentümer konnte Thomas die Anträge stellen.

Drei Wohnungen im Haus

Das langfristige Ziel war, drei technisch und juristisch getrennte Wohnungen zu realisieren. Dabei sollte die vorhandene Gebäudestruktur bestmöglich miteinbezogen werden. Die bisherige und auch zukünftige Hauptwohnung liegt im Erdgeschoss mit ebenerdigen Zugang, die vorhandene Einliegerwohnung liegt rechts im Souterrain und hat ebenfalls einen eigenem Zugang.

Nun sollte eine weitere abgeschlossene Wohnungseinheit gebildet werden – ebenfalls im Souterrain. Dafür wurde das Geschoss umgeplant Kund dafür musste die Landesbauordnung NRW bemüht werden. Die LBO stellt vier wesentliche Bedingungen:

  1. Alle Wohnungen müssen über eigene abschließbare Zugänge verfügen

  2. Jede Einheit braucht separate Zähler für Strom, Wasser und Heizung

  3. Der Brandschutz und der Schallschutz zwischen den Wohneinheiten muß gewährleistet sein

  4. Es müssen ausreichende Stellplätze nachgewiesen sein

Folglich war ein Architektenentwurf und eine baurechtliche Genehmigung für die Umwandlung zwingend erforderlich.

Zwischenetappe Büronutzung

Vor der endgültigen Umwandlung wollte Thomas die Einliegerwohnungen übergangsweise als Büro nutzen – eine echte Herausforderung. Einerseits war die Büronutzung für den Übergang wichtig, um Kosten zu sparen. Andererseits passte die Büronutzung nicht in die Zweckbestimmung „Wohnen“. Daher erarbeiteten wir zusammen folgendes Konzept:

  1. Ein Antrag auf Nutzungsänderung für die Einliegerwohnung in “Büronutzung”.

  2. Eine Befreiung nach §31 BauGB, weil keine störenden Emissionen zu erwarten waren.

  3. Die Nutzung sollte zeitlich befristet sein (maximal 8 Jahre), um der Behörde die Entscheidung zu erleichtern.

Thomas verfasste mit uns ein gut begründetes Schreiben an das Bauaufsichtsamt. Darin erläuterte er, dass die Mitarbeiterzahl bald sinkt, kein Kundenverkehr stattfindet und ausreichend Stellplätze für die Mitarbeiter vorhanden sind. Schließlich gibt es eine große Doppelgarage und ein Carport für zwei Fahrzeuge, sodass 4 PKW auf dem Grundstück Platz finden. Nach Rückfragen genehmigte die Behörde schließlich die befristete Büronutzung – ein entscheidender Meilenstein war erreicht.

Technische Trennung der Wohnungen

Parallel erarbeiteten wir die Grundlagen für die künftige Dreiteilung des Hauses: Wir erstellten einen Aufteilungsplan im Maßstab 1:100 mit allen Grundrissen, Ansichten und Schnitten des Gebäudes, aus dem die Abgeschlossenheit der einzelnen Einheiten hervorgeht. Dazu wurde eine passende Wohn- und Nutzflächenberechnung erstellt. Mit einem Elektriker und einem Heizungsfachbetrieb wurden technische Klärungsgespräche geführt, wie separate Zähler installiert werden könnten. Mit einem Brandschutzsachverständigen wurden die technischen Voraussetzungen der Erschließung der Wohnungen geklärt. Schließlich wurden die Baukosten sämtlicher Maßnahmen ermittelt. Thomas entschied sich, alle wesentlichen Umbauten erst nach dem Ableben seiner Mutter umzusetzen. So konnte sie in ihrer Wohnung wohnen bleiben, ohne durch Baustellen belastet zu werden.

Steuern, Erwerb und Eigentumsübergang

Wir sprachen mehrfach über die steuerliche Seite. Wir rieten Thomas, einen Steuerberater einzubinden, denn der temporäre Büroanteil wurde Teil des betriebliches Vermögens und beim Kauf des Hauses steuerpflichtig. Eine klare Flächenaufteilung und saubere Dokumentation sind für das Finanzamt aus mehreren Gründen wichtig. Künftige Mieteinnahmen sind einkommensteuerlich zu berücksichtigen. So hat Thomas rechtzeitig die richtigen Weichen gestellt, um bei der späteren Betriebsaufgabe steuerlich nicht in unangenehme Nachversteuerungen zu geraten. Schließlich kam es dann zum Eigentumsübergang: Thomas kaufte das Haus von seiner Mutter zu einem marktgerechten Preis und ließ aber ein lebenslanges Wohnrecht für die Mutter im Erdgeschoss eintragen. Dieser Schritt gab ihm die volle Handlungsfreiheit für Anträge, Planung und Umsetzung. Ein Wohnrecht lässt sich übrigens nicht vererben. In den kommenden Jahren wird die Firma von Thomas langsam schrumpfen – Mitarbeiter werden in neue Jobs gehen oder nur noch aus dem Homeoffice arbeiten, Thomas wird sein Engagement langsam reduzieren und langfristig den Betrieb schließen. Schließlich ist die Büronutzung offiziell nur eine Übergangslösung.

Umbau der Wohnungen

Der Umbauprozess vollzog sich dann wie folgt:

  1. Die ehemalige Hauptwohnung im EG wurde vom Rest des Hauses getrennt. Durch einen seperaten Zugang zur zentralen Haustechnik (s.h. Punkt 2) ist eine Zugang zum Keller aus dieser Wohnung nicht mehr erforderlich. Die massive Bauweise (Schallschutz für die anderen Wohnungen) erlaubt das Aufstellen von Waschmaschine und Trockner auf der gleichen Etage.
  2. Ein rückseitiger Zugang zur zentralen Versorgung des Hauses (FM Bereich) wurde neu hergestellt, um Wartungsarbeiten unabhängig von allen Mietwohnungen zu ermöglichen. Mieträume müssen nun nicht mehr betreten werden, um Wasserzähler abzulesen oder die Heizung zu warten. Außerdem muss die Feuerwehr im Notfall zur zentralen Feuerungsstätte gelangen können.
  3. Jede Wohnung erhielt einen eigenen Eingang und eigene klar definierte Zuwegungen. Die Bewohner laufen sich gar nicht über den Weg. Das schafft gefühlt mehr Privatsphäre.
  4. Elektroinstallation, Wasserleitungen und Heizungskreisläufe wurden getrennt, um kine korrekte Nebenkostenabrechnung zu ermöglichen. Neue Wasserzähler und Wärmemengenzähler wurden eingebaut.
  5. Die offizielle Aufteilung in drei Wohneinheiten wurde vollzogen. Wie das geht, ist im folgenden Abschnitt erläutert.

Zuvor stellten wir selbstverständlich einen Bauantrag “Umbau in ein 3-Parteienhaus” – diesmal nicht nur eine Nutzungsänderung, sondern die bauliche Umgestaltung. Nach Prüfung erteilte die Bauaufsicht problemlos die Genehmigung.

Vorgehen bei der Wohnungsaufteilung mit einer Teilungserklärung

Wenn ein Haus in einzelne Eigentumswohnungen aufgeteilt werden soll, geschieht das über eine Teilungserklärung nach § 8 im Wohnungseigentumsgesetz. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass jede Wohnung ein eigenes Grundbuchblatt erhält und separat verkauft oder belastet werden kann. Schritt-für-Schritt-Vorgehen:

  1. Aufteilungsplan erstellen: Ein Architekt oder Vermessungsingenieur erstellt einen Aufteilungsplan mit Grundrissen, in denen Sondereigentum (z. B. Wohnungen) und Gemeinschaftseigentum (z. B. Dach, Treppenhaus) klar gekennzeichnet sind.
  2. Abgeschlossenheitsbescheinigung beantragen: Diese wird bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde beantragt. Sie bestätigt, dass die Einheiten baulich hinreichend voneinander getrennt sind (abschließbar, eigene Küche, Bad etc.).
  3. Teilungserklärung aufsetzen: Die Teilungserklärung regelt die Aufteilung in Sonder- und Gemeinschaftseigentum, die Miteigentumsanteile, die Rechte und Pflichten der Eigentümer. Sie wird mit Unterstützung eines Notars erstellt.
  4. Notarielle Beurkundung: Die Teilungserklärung wird notariell beurkundet oder in notariell beglaubigter Form beim Grundbuchamt eingereicht.
  5. Eintrag ins Grundbuch: Das Grundbuchamt legt für jede Einheit ein eigenes Grundbuchblatt an. Danach ist ein rechtlicher Verkauf einzelner Wohnungen möglich.

Fazit und Empfehlungen

Heute ist das Haus ein Dreiparteienhaus mit moderner technischer Ausstattung, klarer juristischer Trennung der Einheiten und einer Perspektive als solide Kapitalanlage. Dieses Projekt zeigt, wie wichtig es ist, frühzeitig den Bebauungsplan und die Landesbauordnung zu prüfen. Es zeigt, dass man sich auf steuerliche Konsequenzen gründlich vorbereiten sollte. Es ist außerdem wertvoll, mit der Bauaufsicht offen und kooperativ zu kommunizieren. Auch Sonderlösungen oder Übergangslösungen wie befristete Büronutzung sind machbar, wenn man sie sauber beantragt. Meine Empfehlung für Bauherren, die ein vergleichbares Vorhaben planen: Holt Euch Rat und fachkundige Unterstützung – sei es durch Architekten, Steuerberater oder Rechtsanwälte. Eine gute Vorbereitung spart am Ende Zeit, Geld und Nerven. Falls Du Fragen zu ähnlichen Umbauten hast oder einen Beratungstermin möchtest, freue ich mich über eine Nachricht.

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