Miete steigt durch Wärmepumpe

Die Bedeutung objektiver Berichterstattung in Energiewende-Themen wird unterschätzt. Die Recherche zu diesem Artikel und eine konkrete Berechnung zum Einbau einer Wärmepumpe zeigt, warum ehrliche Kommunikation entscheidend für Vertrauen und Akzeptanz der Wärmewende ist. Wir bemängeln zugleich, dass eine verkürzte Darstellung und einseitige Konnotation die Glaubwürdigkeit politischer Kommunikation untergräbt. Unser Artikel ist ein Plädoyer für die Wichtigkeit von Fachstimmen in der öffentlichen Debatte.

Energiewende-Themen betreffen zentrale gesellschaftliche Bereiche: Wohnen, Versorgungssicherheit und die langfristige wirtschaftliche Belastung privater Haushalte. Vertrauen ist hier entscheidend. Es entsteht, wenn Entscheidungen und Maßnahmen nachvollziehbar und ehrlich kommuniziert werden. Verkürzte, wohlwollend formulierte oder emotional gerahmte Darstellungen erwecken den Eindruck von Steuerung statt Aufklärung. Dies gilt besonders, wenn journalistische Beiträge Maßnahmen als „wirtschaftlich sinnvoll“ darstellen, ohne die Kosten-Nutzen-Verhältnisse mit konkreten Zahlen offenzulegen. Solche Darstellungen beschädigen die Glaubwürdigkeit der Politik, selbst wenn das übergeordnete Ziel ökologisch sinnvoll und gesellschaftlich notwendig ist. Medien tragen eine besondere Verantwortung. Ihre Aufgabe ist es, informierte Urteilsbildung zu ermöglichen, nicht Zustimmung zu erzeugen. Dazu gehört es, Kosten, Risiken, Unsicherheiten und Zielkonflikte ebenso zu benennen wie ökologische Vorteile und technische Notwendigkeiten. Objektivität bedeutet, entscheidungsrelevante Tatsachen vollständig und korrekt darzustellen. Eine problematische Entwicklung entsteht, wenn Stimmen, die auf ökonomische, technische oder soziale Herausforderungen hinweisen, vorschnell als „ideologisch“, „rückwärtsgewandt“ oder „Verhinderer“ etikettiert werden. Dies diskreditiert nicht nur Menschen, sondern auch Fachperspektiven, die für eine realistische Umsetzung von Transformationsprozessen unverzichtbar sind. Fachliche Kritik ist keine Ideologie – sie ist ein notwendiger Bestandteil jeder verantwortungsvollen Planung. Öffentlich-rechtliche Medien müssen ihre Rolle als informationsbasierte Instanz ernst nehmen und tendenziöse Rahmungen vermeiden. Wenn Berichterstattung Lücken, Vereinfachungen oder einseitige Konnotationen enthält, verliert die Öffentlichkeit das Vertrauen in die Institutionen, die sie eigentlich stützen sollen. Eine glaubwürdige Kommunikationskultur braucht:

  • Transparenz statt Optimismus-Rhetorik
  • Konkrete Zahlen statt Behauptungen von Wirtschaftlichkeit
  • Sachargumente statt moralischer Rahmung
  • Raum für echte Fachstimmen – auch wenn deren Aussagen unbequem sind

Politische Ziele – auch notwendige – werden nur dann gesellschaftlich tragfähig, wenn sie ehrlich und vollständig kommuniziert werden. Objektivität ist kein Luxus – sie ist die Voraussetzung dafür, dass Transformation als gemeinsamer, tragfähiger Weg erlebt wird.

Tagesschau verzerrt die Wahrheit

Der Artikel “Der stille Siegeszug der Wärmepumpe” schreibt von einer Wohnungsbaugesellschaft in Duisburg. Diese benennt eine Mietsteigerung von „knapp 1 €/m² im Monat“, nachdem Gebäude mit Wärmepumpen und Dämmung nachgerüstet wurden. Auf den ersten Blick wirkt diese Zahl moderat, jedoch ist sie ohne Zusammenhang vollkommen irreführend.

Entscheidend nämlich sind die tatsächlichen Modernisierungskosten pro Wohnung und die erhaltene Förderung. Diese Informationen fehlen in dem völlig Artikel. Zur Einordnung: Für eine typische 3-Personen-Wohnung (ca. 70 m²) in einem Mietshaus aus den 50er Jahren liegen die realistischen  Investitionskosten für Dämmung, größere Heizkörper und Wärmepumpe zwischen 20.000 und 35.000 € pro Wohnung. Die Modernisierungsumlage nach § 559 BGB erlaubt Vermietern, 8 % dieser Kosten jährlich auf die Mieter umzulegen. Das führt zu einer Steigerung der Kaltmiete von etwa 2 bis 3,30 €/m² pro Monat. Es sinken zwar die Heizkosten, da Wärmepumpen effizienter arbeiten. Doch selbst bei deutlicher Einsparung (z. B. 1.000 € pro Jahr im Vergleich zum Energieträger Gas) ergibt sich bei realistischen Modernisierungskosten für viele Haushalte kein finanzieller Vorteil, sondern eine Mehrbelastung von rund 50 – 150 € pro Monat. Ob sich eine Sanierung also „für Mieter lohnt“, wie im Artikel suggeriert, darf ohne Erläuterungen aller Kostenbestandteile nicht einfach behauptet werden. Dass diese entscheidenden Zahlen im Beitrag fehlen, führt dazu, dass die dargestellte Entlastungswirkung viel günstiger erscheint, als sie tatsächlich ist. Eine ehrliche Bewertung würde die wahre Wirkung benennen: Modernisierungsumlage minus Ersparnis bei den Heizkosten. Erst danach sehen Mieter, ob die Rechnung für sie aufgeht.Wärmepumpe im Vorgarten eines Einfamilienhauses

Beispielrechnung für eine Kleinfamilie

Im Artikel wird irreführend behauptet, dass Mieter mit “knapp” einen Euro pro Quadratmeter Kaltmiete mehr im Monat rechnen können. Mieter hätten dafür angeblich “leichte Einsparungen” beim Energieverbrauch. Ob das sein kann, sehen wir uns genau an. Es stimmt zwar, dass eine Umlage von 8 % bei den behaupteten Modernisierungskosten von 10.500 € im Jahr zu 840 € führen und das bei einer 70 m² Wohnung rund 1 €/m² pro Monat sind – doch sprechen die Erfahrungen von Wohnungsbauexperten dagegen. Diese gehen nämlich von deutlich höheren umgelegten Modernisierungskosten pro Wohnung aus.

Im Detail sieht es so aus: Die Modernisierungskosten enthalten den Anteil der Wärmepumpe, die Dämmung, den Heizkörpertausch sowie die Planungskosten. Die Kosten führen zu einer Umlage von 1.712 €/Jahr und einer Erhöhung der Kaltmiete um 2,04 €/m² pro Monat. Für die Mieter vom 70 m² wären das 143 € pro Monat. Zusammen mit den Einsparungen im Verbrauch verteuert sich im “Idealfall” die Warmmiete um 62 €. Nun zeigen wir, dass es wahrscheinlich viel teurer wird.

Wärmepumpe treibt Miete hoch

Die genannten Werte hängen also ab von der Höhe den Baukosten, von den Förderquoten und davon, wie gut die nachgerüstete Dämmung den Wärmebedarf reduziert. Der im Artikel genannte Wert von „1 €/m²“ ist irreführend. Folgende Modernisierungsmaßnahmen und Annahmen legen wir zugrunde:

  • Bestandsgebäude aus den 50er Jahren
  • Wohnungsgröße 70 m²
  • durchschnittliches Heizverhalten der Mieter
  • Dämmung am Gebäude nachgerüstet
  • vergrößerte Heizkörper wegen der Wärmepumpe

Wir beleuchten ein wahrscheinliches Kostenszenario, das für viele Gebäude aus den 1950er Jahren in der Praxis realistisch ist.

1) Pro Wohnung fallen 35.000 € Modernisierungskosten an. Darin sind anteilig enthalten: Dämmung, größere Heizflächen, Wärmepumpentechnik, Planung, Baunebenkosten.

2) Das Mieterhöhungsrecht gem. § 559 BGB erlaubt es Vermietern 8 % der Modernisierungskosten pro Jahr dauerhaft auf die Miete umlegen. 8 % von 35.000 € sind 2.800 € pro Jahr Umlage. Bei einer 70m² Wohnung: 2.800 € / 70 m² × 12 Monate = 3,33 €/m²/Monat. Bei diesem Kostenniveau würde die Kaltmiete um 233 € pro Monat steigen.

3) Heizkosten vorher (mit Gas). Wärmebedarf vor Dämmung: ca. 14.000 kWh/Jahr. Gaspreis: 0,12 €/kWh. Realbedarf inkl. Wirkungsgrad = ca. 15.556 kWh Gas/Jahr. Heizkosten Gas vorher: 1.867 €/Jahr

4) Heizkosten nach Sanierung (mit Wärmepumpe). Wärmebedarf nach Dämmung: 7.000 kWh/Jahr. Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe (COP): 3,0 → Strombedarf: ca. 2.333 kWh/Jahr. Der Strompreis wir mit Wärmepumpentarif kalkuliert: 0.38 €/kWh. So entstehen nachher Heizkosten mit die Wärmepumpe von 887 €/Jahr

5) Betriebskosteneinsparung: Gas vorher: 1.867 €/Jahr – Wärmepumpe nachher: 887 €/Jahr = Ersparnis bei den Heizkosten von 980 €/Jahr

6) Ergebnis für die Mieter: +2.800 € – 980 € = 1.820 €/Jahr. Für die Mieter ergibt die Berechnung eine Mehrbelastung und keine Einsparung. Die Monatliche Mehrkosten liegen voraussichtlich bei 152 € (1.820 € / 12).

Appell an Medien und Mieter

Bei einem Thema, das so tief in die ökonomische Lebensrealität von Menschen eingreift, ist eine vollständige und überprüfbare Darstellung der Fakten notwendig. Wer öffentlich über die „Wirtschaftlichkeit“ von Sanierungsmaßnahmen schreibt, hat eine gewisse Verantwortung für die Nachvollziehbarkeit der Inhalte. Leser möchten wissen, was solche Maßnahmen wirklich kosten und wie sie sich auf die Warmmiete auswirken. Dazu sollte ,am nicht nur von „reduzierten Heizkosten“ sprechen, sondern transparent aufzuzeigen, wie hoch die Modernisierungsumlage, also die Mietsteigerung durch Sanierungskosten, in der Realität ausfällt. Es wäre gut, die fehlenden Informationen zu erfahren. Nur auf dieser Grundlage können Leser bewerten, ob Maßnahme für die betroffenen Haushalte „lohnen“. Gleichzeitig möchten wir Mieterinnen und Mietern, die energetischen Modernisierungen vor sich haben, ausdrücklich ermutigen, Transparenz aktiv einzufordern. Dazu gehören insbesondere Fragen an den Vermieter:

  • Welche Kosten entstehen je Wohnung (nicht nur am Gesamtgebäude)?
  • Welche Fördermittel wurden beantragt und in welcher Höhe werden sie angerechnet?
  • Wie hoch ist die daraus resultierende jährliche Modernisierungsumlage nach § 559 BGB?
  • Wie verändern sich die voraussichtlichen Heizkosten – realistisch, nicht in Best-Case-Annahmen?
  • Wie hoch ist die resultierende Veränderung der Warmmiete?

Für Mieter ist nicht die theoretische Effizienz entscheidend, sondern die Warmmiete, die am Monatsende zu zahlen ist. Eine ehrliche und verantwortungsvolle Energiepolitik kann nur gelingen, wenn allseits Kostenklarheit herrscht und alle Information auf den Tisch kommen.

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