Bei energetischen Sanierungen kommen schnell fünfstellige Beträge zusammen. Ob und wann Dämmen wirtschaftlich ist, hängt von mehreren Faktoren ab: Dem Zustand des Gebäudes, dem Energiepreis, der Restnutzungsdauer und letztlich auch vom Nutzerverhalten. Nachträgliche Wärmedämmung hat ihren Preis: Jeder Quadratmeter WDVS an der Außenfassade kostet 2023 rund 140 €. Eine Innendämmung kann noch teurer sein und ist technisch sehr anspruchsvoll. Ohne vorherige bauphysikalische Beratung sollte man nicht loslegen. Das nachträgliche Dämmen eines Daches kostet schlägt mit 160 €/m² zu Buche.
Individuelle Planung ist entscheidend
Mit einer individuell geplanten Dach- und Fassadendämmung lassen sich 30 bis 40 Prozent Heizkosten einsparen. Das zeigen Analysen der Klimaschutzkampagne co2online. Die Betonung liegt allerdings auf “individuell geplant”! Denn Fehler bei der Planung und Ausführung wirken sich bei einer Nutzungsdauer von 30 bis 50 Jahren finanziell empfindlich aus. Unterstellt man einen entsprechenden Nutzungszeitraum, dann ist in der Mehrzahl der Fälle eine nachträgliche Wärmedämmung wirtschaftlich sinnvoll. Darin besteht Einigkeit unter allen Experten. Die Maßnahmen müssen aber zum Gebäude passen. In Altbauten lässt sich nicht immer die neueste Haustechnik einbauen. Der Aufwand der Sanierung lohnt sich dann nur bis zu einem gewissen Grad, denn es fehlen die gebäudetechnischen Voraussetzungen. Zum Beispiel lässt sich eine Dämmung unter einer Bodenplatte nachträglich nicht herstellen.
Wärmedämmung kann brandgefährlich sein
Vor dem Häuserblock brennen Müllcontainer. Binnen Minuten greift das Feuer auf die komplette Fassade über. Ein Großbrand in Delmenhorst im Jahr 2011 war nur einer von vielen Fällen, in denen Styropor Dämmungen in Brand gerieten. Polystyrol ist ein sehr beliebter Dämmstoff. Er ist günstig und praktisch zu verarbeiten, aber leider auch leicht entzündlich. Polystyrol Platten werden mit Flammschutzmitteln behandelt, um die Brennbarkeit zu unterbinden. Laut Bauordnung müssen beim Einbau zudem verschiedene Sicherheitsvorschriften beachtet werden. Eingearbeitet Brandschutzriegel verhindern – theoretisch – die schnelle Brandausbreitung über die Fassade. Trotzdem passiert es immer wieder. Das Forschungsinstitut für Wärmetechnik hat die bekannten Brandfälle in einer Studie untersucht und gibt in vielen Fällen Entwarnung. Das Gefahrenpotential wurde übertrieben dargestellt. Oft waren Baumängel die Brandursache oder es brannte schon auf der Baustelle. Bei korrekter Verarbeitung ist das Brandrisiko beherrschbar. Auf der sicheren Seite ist man alledings nur mit mineralischen Dämmstoffen, weil die nicht brennen.
Wärmedämmung und der Schimmel
“Gedämmte Wände können nicht atmen und deshalb entsteht Schimmel”. Das ist ein Irrtum. Wände können nicht atmen. Der Anteil an Feuchtigkeit, der durch Wände nach außen gelangt, ist zu vernachlässigen. Schimmel entsteht, wenn warme Raumluft mit hoher Luftfeuchtigkeit an kalten Außenwänden kondensiert. Feuchtigkeit gelangt durch den Menschen selbst oder die Nutzung (z.B. kochen) in die Raumluft. Eine korrekt aufgebaute Dämmung hält die Wände warm. Dann kann es nicht zu Schimmel kommen, vorausgesetzt, das Gebäude wird richtig “benutzt”. Auch in gut gedämmten Gebäuden gibt es Wärmebrücken. An bestimmten Stellen, zum Beispiel im Bereich von Fenstern, kühlt die Luft mehr ab. Damit sich dann kein Tauwasser festsetzen kann, muss regelmäßiges gelüftet werden. Ungedämmte Gebäude lüften sich zum Teil von selbst – nicht über das Mauerwerk, sondern über die alten (und undichten) Fenster und Türen. Bei einem frisch gedämmten Gebäude muss man gezielt und bewusst für einen regelmäßigen Luftaustausch sorgen. Wird das versäumt, entsteht unweigerlich ein Schimmelproblem.
Algen bilden sich an gedämmten Fassaden, weil nach der Bewitterung durch Regen die Feuchtigkeit nur langsam abtrocknet. Die Wandoberfläche ist kalt. Ohne eine Dämmung, würden die Innenwärme die Außenwand aufwärmen, wodurch die Wand außen schneller abtrocknen würde. Doch der unschöne Belag ist nicht nur ein kosmetisches Problem, sondern ggf. auch für Menschen schädlich. Wo Schimmelsporen gedeihen, können sie beim Lüften auch ins Haus gelangen. Am Wald gelegene Gebäude oder Gebäude mit N-W-Ausrichtung könnten davon besonders betroffen sein.
Wie dick muss Dämmung sein
Auf diese Frage gibt es keine eindeutige Antwort. Das Dämmsystem und die Dämmstoffdicke bestimmt den Dämmwert. Je besser der Dämmwert ist, desto dünner kann die Dämmschicht sein. Pflanzliche Dämmstoffe haben meistens eine höhere Wärmeleitfähigkeit (ca. 0,04 W/mK) als künstliche Baustoffe wie Polystyrol oder Mineralfaser (ca. 0,035 W/mK). Daher trägt man Naturdämmstoffe in der Regel etwas “dicker auf”, um die gleiche Wirkung zu erzielen.
Wer sanieren will, sollte von Beginn an einen erfahrenen Experten einbinden. Dieser wird nach der Ortbesichtigung eine Empfehlung aussprechen und technische Lösungen entwickeln. Er weiss, dass ein Hohlblockziegel einen anderen Dämmwert hat als eine Betonwand und daher eine geringere Dämmstoffdicke braucht. Außerdem sollte er die einschlägigen Vorschriften kennen und die Gestaltungsspielräume von Normen und Gesetzen geschickt nutzen. Denn fast immer gibt es alternative Lösungen, die auf das Objekt abgestimmt werden können. Stichwort: Die Unmöglichkeit einer Dämmung unter der Bodenplatte eines Altbaus.
Dicker ist nicht gleich besser
Wer KfW Fördermittel beantragen will, muss wieder andere Vorgaben erfüllen. Dort sind nämlich Mindestdämmstärken gefordert. Ab 20 cm Dämmstärke machen zusätzliche Zentimeter energetisch wenig bis keinen Sinn mehr. In der Grafik sind die sinnlosen Bereiche in orange und rot hinterlegt.
Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung daher ist dringend zu empfehlen, denn jeder Zentimeter kostet Geld, macht die Konstruktion anfälliger und technisch aufwändiger. Besonders die Verwendung von Polystyrol als WDVS steht immer mehr in der Kritik, weil die Entsorgung dieser Materialien bis heute ungelöst sind. Die in Polystyrol und anderen Wärmedämmmaterialien vorhandene sogenannte graue Energie wird bei der Berechnung der Energieeinsparung immer noch ignoriert. Tatsächlich ist die CO2-Bilanz nach der Montage von Wärmedämmung an Gebäuden eine Katastrophe! Fünfzig Buchen müssten 80 Jahre lang wachsen, um die entstandene CO2 Emission zur Dämmung eines Hauses zu kompensieren. Hier ist Artikel, der das genauer beschreibt.
Außerdem hat eine große Dämmstärke architektonische Konsequenzen, denn je dicker die auf der Fassade aufgetragen wird, desto tiefer werden die Fensterlaibungen. Das beeinträchtigt nicht nur die Behaglichkeit, sondern auch die natürliche Belichtung. Die Folge: Das Licht muss früher eingeschaltet werden (Energiekosten). Welcher Aufwand zum Erreichen eines bestimmten energetischen Niveaus sinnvoll ist und ob sich der bauliche und finanzielle Aufwand lohnt, ermittelt der Experte. Sinnvoll können Dämmmaßnahmen an der Fassade sein, wenn dort sowieso Sanierungsarbeiten anstehen, z.B.: Ein neuer Außenputz oder ein neuer Fassadenanstrich ansteht.
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