Lean Construction Grundlagen | Teil 2

In der Planungsphase stehen die Hauptgewerke im Mittelpunkt – besonders die Baugewerke, die nach dem Rohbau kommen. Um die vorhandene Erfahrung und das Fachwissen der Beteiligten bestmöglich zu integrieren, nehmen an den Planungsbesprechungen auch die Bauherren, die Fachplaner und die zukünftigen Nutzer teil. Nur so entstehen Terminpläne mit praktikablen Abläufen. Danach wird die Terminplanung von den beteiligten Architekten, Fachplanern, Bauherren, Nutzern und Auftragnehmern vertieft analysiert und die Rahmenbedingungen zur Erstellung der Detailterminpläne festgelegt. Folgende Voraussetzungen sind vor dem Aufbau der Prozessplanung mit den Projektbeteiligten zu schaffen:

  • Volles Verständnis zur vorliegenden Objekt- und Ausführungsplanung
  • Komplettes Verständnis der Leistungsverzeichnisse und der Baukosten
  • Kenntnis und Verständnis der benötigten Werk- und Montageplanung
  • Kenntnis über Planungs-, Beschaffungs- und Dispositionsprozesse im eigenen Unternehmen und den Unterlieferanten
  • Abgleichen der Erfahrungen zum Bauablauf und den Schnittstellen

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Start der Prozessplanung

Ziel der Prozessplanung ist es, den Bauablauf unter Berücksichtigung aller Randbedingungen zu optimieren. Hierzu werden die Ergebnisse in Teilprojekte und Arbeitspakete untergliedert. Anschließend erfolgt eine zeitliche Bewertung sowie Einordnung entsprechend der Bauablaufstrategie. Gleichzeitig wachsen die Anforderungen an die unterschiedlichen Workflows: Ausführungsplanung, Werk- und Montageplanung, Beschaffung und Lieferung von Material und Ausrüstungen und Baulogistik. Natürlich wird auch die Disposition von Ressourcen zu berücksichtigt, die vorab zu erbringen sind. Damit lassen sich alle Bedingungen zur Erstellung des Detailterminplans ableiten.

Koordination der Bauabläufe bei der Realisierung

Die 6-Wochenvorschau- und Tagesplanung: Die Wochen- bzw. Tagesarbeitsplanung, auch Tafelplanung genannt, stellt innerhalb des Last Planer System die Planungsebene mit dem höchsten Detaillierungsgrad dar. Sechs Wochen vor dem geplanten Start werden die Tätigkeiten basierend auf dem fortgeschriebenen Detailterminplan in Arbeitspakete aufgegliedert, die dann in Zusammenarbeit mit den Ausführenden Firmen in zeitlicher Abfolge zum benötigten Zieltermin geplant werden (Pull-Planung).

Ziel der 6-Wochen-Vorschauplanung ist es, gemeinsam regelmäßig im wöchentlichen Rhythmus nach vorn zu schauen, Schnittstellen zu erkennen und eventuell vorhandene Hindernisse für die Ausführung der einzelnen Arbeiten zu beseitigen. Die einzelnen Tätigkeiten sollen danach hindernisfrei ausführbar sein. Das hindernisfreie Abarbeiten von Tätigkeiten gemäß der vereinbarten Vorschauplanung ist die Grundlage für den nächsten Schritt im Last Planner System. Als wichtigstes visuelles Steuerungsinstrument für die 6-Wochen-Vorschauplanung dient die Tafelplanung mithilfe von Plankarten (Steckkarten). Über die Tafel wird der Bauablauf für die kommenden sechs Wochen im Voraus dargestellt und tagesgenau durchgeplant. In einem wöchentlichen Abstimmungstermin werden gemeinsam mit der Bauüberwachung und den ausführenden Unternehmen die Aktivitäten bis auf Tages- und Bereichsbasis auf der Planungstafel eingesteckt. Dieser Termin wird durch die ausführenden Unternehmen vorbereitet, um die anstehenden Tätigkeiten gemeinsam planen und abbilden zu können. Eine Vorbereitung und Teilnahme sowohl der Obermonteure/Poliere, als auch der Bauleitung ist notwendig. Auf den Steckkarten werden die tagesaktuellen Tätigkeiten jedes Projektbeteiligten notiert. Damit entsteht eine hohe Transparenz, die jedem Projektbeteiligten aufzeigt, wo genau und womit jedes Gewerk gerade beschäftigt ist und was danach kommt.

Der tägliche Abstimmungstermin auf der Baustelle

Zusätzlich zum wöchentlichen Abstimmungstermin zur 6-Wochen-Vorschauplanung werden in einem täglichen kurzen Besprechungstermin zwischen Bauleitung, Bauüberwachung und ausführenden Firmen die Tätigkeiten des Vortags sowie des aktuellen Tages durchgesprochen und gegebenenfalls Anpassungen vorgenommen. Die Karten abgeschlossener Tätigkeiten werden „auf grün gedreht“ und können damit von noch abzuarbeitenden Tätigkeiten unterschieden werden. Gründe für die Nichterreichung werden auf den Steckkarten kenntlich gemacht. Dadurch entsteht eine hohe Transparenz – vor allem – im Hinblick auf Hindernisse, die dann zeitnah behoben werden können. Diese Transparenz trägt dazu bei, dass jeder seine Arbeiten pünktlich und in der entsprechenden Qualität ausführen kann. Der Leistungsstand wird jeden Tag kurz geprüft, bevor die Tätigkeitskarte „auf grün“ gedreht wird. Das Karten-System und die tägliche Prüfung und Abstimmung verhindern, dass einem Projektbeteiligten eine relevante Information im Ablauf fehlt. Für alle ausführenden Firmen ist die Tafelplanung das wichtigste Werkzeug auf der Baustelle.

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Lean Construction zur Koordination von Planung und Realisierung

Die 6-Monats-Vorschauplanung: Ähnlich der 6-Wochen-Vorschauplanung zur Koordination der Aktivitäten und Beteiligten während des Bauablaufs wird eine monatlich stattfindenden 6-Monats-Vorschauplanung durchgeführt. Sie hat das Ziel, wichtige und zeitintensive Vorleistungen in Bezug auf den Bauablauf zu erkennen und deren Aktivität zum geplanten Start sicherzustellen. Dazu gehören noralerweise Planungsleistungen der Ausführungsplanung sowie der Werk- und Montageplanung, Ausführungskonzepte und Gefahrenanalysen, Leistungen der Baulogistik als auch die Beschaffung von Materialien, Ausrüstungen und Ressourcen. Die 6-Monats-Vorschauplanung wird analog der 6-Wochen-Vorschauplanung mittels Tafelplanung und Steckkarten nach dem Pull-Prinzip durchgeführt. Jedoch erfolgt die Planung nicht tages-, sondern monatsgenau. Die Besprechung dazu finden einmal pro Monat statt.

Beim Pull-Prinzip (pull = ziehen) werden Teilleistungen vom tatsächlichen Projektstatus “gezogen”. Das nachgelagerte Gewerk löst die Arbeiten eines vorgelagerten Gewerkes aus oder anders gesagt: Der Endkunde bestellt die Leistungen. Im Gegensatz dazu werden beim Push-Prinzip Leistungen unabhängig vom tatsächlichen Terminzustand der Baustelle angestoßen.

Lean Construction Auswertungen und Berichte

Gemeinsam werden wöchentlich Kennzahlen erfasst. Diese Kennzahlen ermöglichen das gemeinsame Lernen und Verbessern im Projekt und geben den Projektbeteiligten die Möglichkeit, jederzeit einen transparenten Stand der Projektabwicklung einzusehen. In dem Wochenplanungsprozess erfolgt in den darauffolgenden Wochen eine Evaluation der jeweils vorangegangenen Wochenplanung. Dabei wird zunächst der Grad der Erfüllung der Aktivitäten der letzten Woche evaluiert und das Einhalten der Zusagen festgehalten (sogenannten: PEA „Prozentsatz erledigter Arbeiten“). Ist der PEA-Wert in der Wochenplanung erfasst, wird er in einem Diagramm dargestellt. Anhand dieser Veranschaulichung sollen im Idealfall ein Produktivitätszuwachs und ein Rückgang der Fluktuationen ersichtlich sein. Der PEA-Wert beschreibt somit die Zuverlässigkeit, mit der die getätigten Zusagen der Projektbeteiligten eingehalten werden. Hinzu kommt eine quantitative Darstellung der Abweichungsgründe in Form eines Diagramms, um die häufigsten Abweichungsgründen/Behinderungen aufzuzeigen und eine bessere Ursachenanalyse zu unterstützen. Die Analyse erfasst nicht nur die Baustelle, sondern auch die Planungs- und Organisationsebene. Ziel ist es, aus Fehlern im Bauablauf zu lernen und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu etablieren. Das erhöht die Zuverlässigkeit und sorgt für einen effizienten Bauablauf.

Zufriedene Bauherren und reibungslose Abläufe sind dank Lean Construction keine Utopie. Die Fehlerquote auf Baustellen reduziert sich deutlich. Lean Construction Praxis Grundlagen
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Statement für das Bauen der Zukunft

Die Zusammenarbeit zwischen bauausführenden Unternehmen und dem Bauherren ist eine wichtige Voraussetzung für ganzheitliche Anwendung von Lean Construction in der Wertschöpfungskette. Der Leitsatz für Lean Projekte lautet daher: Jeder lebt Transparenz und Verantwortungsbewusstsein in der Zusammenarbeit und sorgt damit für ein effiziente und erfolgreiche Umsetzung.

Urteil zu Baukosten

Beim Bauen im Bestand sind 21% Abweichung von der Kostenberechnung kein Kündigungsgrund. Der Auftraggeber kann einen Architektenvertrag aus wichtigem Grund kündigen. Wichtige Kündigungsgründe, die der Architekt zu vertreten hat, sind u. a. die wesentliche Abweichung von vertraglichen Vorgaben, eine schleppende, zögerliche und unzureichende Leistungserbringung trotz Fristsetzung, die Verursachung besonders grober Mängel, die Verletzung von Kooperationspflichten, aber auch die schuldhafte, erhebliche Überschreitung von Vertragsfristen und von Baukosten. Beim Bauen im Bestand steht dem Architekten bei der Kostenberechnung ein Toleranzrahmen zwischen 20 und 25% zur Verfügung. OLG Naumburg, Urteil vom 28.02.2018 – 3 U 36/17; BGH, Beschluss vom 09.10.2019 – VII ZR 167/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

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