Holland baut menschlich besser

Deutschland ist immer noch das Land der Ingenieure, doch bei der Bauplanung hat Holland schon längst überholt. Unsere Nachbarn sind deutlich innovativer. Es sind kulturelle Unterschiede, die für den Innovationsvorsprung verantwortlich sind. Kaum zu glauben, aber menschlich: Bei unseren Nachbarn spielen sozialen Gepflogenheiten im Unternehmen eine wichtige Rolle. Wer geschäftlich mit Unternehmern aus den Niederlanden zu tun hat, wird das bestätigen. Im Zentrum steht der Mensch und daher findet auch mehr Kommunikation statt. Mehr Kommunikation und mehr Miteinander scheint Innovation zu fördern. Der Artikel beleuchtet einige kulturelle Unterschiede und die Folgen für die erfolgreiche Zusammenarbeit.

Locker und menschlich sein

In Holland sind Respekt und Höflichkeit die Grundpfeiler des Miteinanders. duzen ist normal und es gilt als höflich, Persönliches preiszugeben. “In Deutschland weiß ich als Vorstand nicht, wo meine Mitarbeiter im Urlaub waren”, sagt ein ehemaliger Konzernchef eines Düsseldorfer Unternehmens. In Holland treffen Mitarbeiter regelmäßig ihren CEO auf Augenhöhe. Es gibt mehr persönlichen Kontakt zwischen den Mitarbeitern und ihren Vorgesetzten und auch ein Praktikant darf seine Meinung äußern.

Auf beruflichen Status bildet sich niemend etwas ein und der Chef schenkt selbst den Kaffee aus. Während in Deutschland in erster Linie die Kompetenz zählt, sind es in Holland eher die Soft Skills. Bei Meetings wird auf gute Gesprächsatmosphäre geachtet und es ist wichtig, sich kennenzulernen, bevor man “zur Sache” kommt. Das fördert Vertrauen und erleichtert den Umgang miteinander. Humor ist ein wichtiger Bestandteil der Kommunikation – er darf nicht zu kurz kommen! Auch bei Verhandlungen darf daher gescherzt werden, ohne dass dabei die Ernsthaftigkeit verloren geht. Hierarchien spielen im Unternehmen eher eine untergeordnete Rolle – sie dienen vor allem der Rollendefinition.

Klare Rollen für gute Kommunikation

Die Rollen der Mitarbeiter regeln den Kommunikationsstil und führen zu mehr Zusammenhalt. Wer das Expertenwissen der Kollegen kennt und nutzt, der schätzt die Gemeinschaft und das kollektive Ziel. Die Basis für diese Regeln wurde schon vor 30 Jahren gelegt, als sich das Prinzip der Partizipation durchsetzte: Führungskräfte wurden zu Unterstützern der Mitarbeiter – mit ihnen gemeinsam bereiten sie Entscheidungen vor. Partizipation gelingt, wenn alle Beteiligten miteinander ständig im Gespräch bleiben. Natürlich funktionieren auch Hollands Unternehmen nicht ohne Hierarchien – allerdings steht das Erreichen der Ziele immer an oberster Stelle. Die Arbeit muss erledigt werden und vor Entscheidungen werden zunächst alle Beteiligten dahinter versammelt. Deutschlands Unernehmen ticken da traditioneller: Hier entscheidet der Chef i.d.R. alleine.

Es gibt noch einen wesentlichen Unterschied: Ingenieure hassen das Unbekannte! Beim Planen neigen besonders wir Deutsche dazu, möglichst viele Parameter zu fixieren, um den Planungsweg möglichst genau beschreiben zu können. Niederländer finden Soll-Ist-Abweichungen in Projekten hingegen normal. Mit dem Unbekannten geht man dort unbeschwerter um, denn es gibt ein solides Grundvertrauen: Man vertraut der Fähigkeit aller Kollegen, Projekte erfolgreich ins Ziel zu bringen – allen Ungenauigkeiten zum Trotz. Wie ist es in deinem Unternehmen? Dienen die Vorgesetzte den Mitarbeitern?  Gibt es das allgegewärtige Grundvertrauen unter den Kollegen? Sind alle Mitarbeiter ganzheitlich über die Ziele informiert?

Probleme kommen auf den Tisch

Holländer gelten als pragmatisch und zielorientiert. Ihre Kommunikationskultur erlaubt es ihnen, Probleme direkt anzusprechen – Schuldzuweisungen sind hingegen verpöhnt. Stattdessen packen alle gemeinsam an. Zur Erreichung der Ziele, setzt man sich gelegentlich sogar über Regeln und Konventionen hinweg.

Alle hier benannten kulturellen Eigenheiten wirken positiv auf Innovationsbereitschaft. Die Statistik zur Einsatz von BIM zeigt das eindrucksvoll. Planungsbüros in Holland setzen bereits mehrheitlich BIM-Planungsmethodik ein, während sich in Deutschland bislang nur 15% der Büros umgestellt haben. Die Innovationsbereitschaft entstammt der gelebten Kollaboration. Auch BIM erfordert ein hohes Maß an Kollaborationsbereitschaft. BIM bedeutet synchron und kollaborativ arbeiten. In Holland hat man früh erkannt, dass die Zukunft der vernetzten Arbeit gehört. Ein unbefangener Blick über die Landesgrenze lohnt sich auf jeden Fall.

Quellen: Smartchecked, Uni Münster