Die HOAI schützt Bauherren

Die Architektenkammern kämpfen seit Jahren für den Erhalt der HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure). Warum gibt es die HOAI? Die HOAI ist Preisrecht, also Gesetz. Architekten und Bauingenieure müssen ihre Honorare danach berechnen. Das Gesetz soll Preiswettbewerb verhindern, denn Preisdumping um das günstigste Planungsangebot führt in aller Regel zu Einsparung beim Personaleinsatz. Das kann über eine schlechtere Bauqualität zu Lasten der Gebäudesicherheit gehen. Die HOAI schützt Menschen. Aus dem gleichen Grund gibt es auch für Ärzte und Rechtsanwälte Honorarordnungen.

Update für diesen Beitrag: Der Europäische Gerichtshof hat 2019 entschieden, dass die HOAI in der bisherigen Form nicht mehr gilt. Welche Folgen das hat, zeigt dieser Artikel.

Die HOAI schützt die Nutzer eines Gebäudes

Gestern telefonierte ich mit einem Bauunternehmer. Der sagte: “Ihr Architekten mit eurer HOAI seid doch selbst Schuld, dass ihr keine Privataufträge mehr bekommt. Ihr seid zu teuer!” Ist da etwas dran? Nur noch 10% der privaten Bauherren beauftragen einen Architekten/Ingenieur. Die meisten kaufen ihr Eigenheim bei einem Bauträger oder machen alles selbst. Fertighäuser sind billiger, weil es Serienprodukte sind. Sie werden einmal geplant und dutzendfach gebaut. Das spart Planungskosten. Diese These sehen wir uns in diesem Beitrag genauer an.

Planung nach HOAI kostet 17.500€

Fakt ist: Architekten/Ingenieure spielen im individuellen privaten Hausbau fast keine Rolle mehr. Die folgende Betrachtung ist stark vereinfacht, um den Sachverhalt klar zu machen: Angenommen die reinen Baukosten eines Hauses betragen 280.000 €. Bei individueller Planung mit Architekten und Ingenieuren, kämen gem. HOAI noch rund 35.000€ Honorar hinzu. Darin sind alle erforderlichen Fachleute enthalten: Architekt, Haustechniker und Statiker. Ebenso sämtliche für die Baudurchführung erforderlichen Leistungen, z.B.: Bauleitung, Ausschreibung usw.. Das wäre dann das Rundum Sorglos Paket.

Bauträger bauen Häuser in Serie. Das bedeutet, sie planen nur einmal und bauen das dann mehrfach. So kann das Honorar un 50% reduziert werden. Warum nur die Hälfte? Weil auch der Serienbau koordiniert werden muss! Auch für schlüsselfertig erstellte Häuser muss der Bauunternehmer z.B. die Untervergabe koordinieren und die Bauleitung durchführen. So liegt das interne Honorar fürs Baumanagement beim Bauträgerhauses bei 17.500€. Für das gleiche Gebäude würden folgende Kosten anfallen:
Individuelles Architektenhaus: 315.000€ | Bauträgerhaus: 297.000€

Materialisierung berechnen

Bei jedem Neubau gibt es Bauschäden in Höhe von 13.500 €

In den letzten 15 Jahren hat sich die Zahl der Mängel und Schäden auf Deutschlands Baustellen im Wohnungsbau/Hausbau mehr als verdoppelt (Quelle: IFB 2015). Statistisch muss jeder private Bauherr an seiner Baustelle mit 30 Schäden im Wert von 13.500€ rechnen. Das ist nur der durchschnittswert! Im Einzelfall liegt der maximale Schaden bei 73.000€. Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Fehlen von Architekten auf Baustellen und den steigenden Schadensfällen. Die Grafik zeigt: Die meisten Schäden entstehen in der Bauphase.

Statistik Bauschäden

Jeder Bauherr hat ein Risiko von 73.000 €

Was sind die wahren Kosten beim Vergleich Bauträger/ Architekten aus?

1. Bauherren sparen beim Bauträgerhaus 17.500€ durch kopierte Planung. Sie kaufen ein nicht individualisiertes Serienprodukt. Trotzdem gibt es in der Bauphase ein Kostenrisiko. Das Honorar für das Baumanagement von 17.500 € kann das nicht verhindern. Das Honorar weißt der Bauträger nicht immer gesondert aus. Es wird häufig auf andere Positionen umgelegt.

2. Bei jeder privaten Baustelle entsteht ein Schaden von 13.500€.

Die dominierende Bauträgerlandschaft ist für die Schadensentwicklung verantwortlich – das zeigen die Fallzahlen. Die meisten Baumängel entstehen durch mangelhafte Baukontrolle. Bauträger sparen bei der Baukontrolle! Das hat sich inzwischen herumgesprochen und daher beauftragen Bauherren oft einen Baubegleiter. Dieser kostet rund 4.000 €. Rechnerisch schmilzt die Ersparnis auf null! (Einsparung durch das Serienhaus) – (Kosten für durchschnittliche Schadenssumme) – (Honorar für die Baubegleitung) = 17.500-13.500-4.000=0

Was kostet ein Architekt?

Hut ab vor dem Anwalt des Bauherren, dem Architekten

Möglicherweise überdenkt der eine oder andere Bauherr seinen Weg zum Eigenheim. Die meisten Architekten sind auch heute noch gerne der “Anwalt des Bauherren”, obwohl das festgeschriebene Honorar für diese hoheitliche Aufgabe nicht reicht. Im Gegensatz zum Bauträger, spart der freischaffende Architekt nämlich nicht bei der Bauleitung – das kann er sich aus versicherungstechnischen Gründen (Haftung) nicht erlauben.

FAQ zu Architekten

Was sind anrechenbare Kosten?

Wird ein Architekt oder ein Bauplaner nicht mit allen Leistungen beauftragt, so kann er nur ein Honorar abrechnen, das dem Leistungsumfang gemäß der Leistungsphasen entspricht. Unter den anrechenbaren Kosten versteht man die Kosten der Baukonstruktion und technische Anlagen ohne Umsatzsteuer.

Was sind besondere Leistungen?

Besondere Leistungen sind gemäß § 2 Abs. 2 Leistungen, die über die allgemeinen Leistungen hinausgehen oder diese ändern. Anders als die Grundleistungen, sind Besondere Leistungen nicht abschliessend genau in der HOAI definiert (§ 2 Abs. 3 Satz 2 HOAI). Besondere Leistungen können zu den Grundleistungen hinzu oder an deren Stelle treten, wenn besondere Anforderungen an die Ausführung des Auftrages gestellt werden.

Was ist die Architektenkammer?

Wer selbständig als Architekt arbeiten möchte, muss Kammermitglied sein. Die Berufsbezeichnung ist geschützt! Als Architekt ist man für Bauanträge zeichnungsberechtigt.

Warum in die Architektenkammer eintreten?

Solange man angestellt arbeitet, braucht man als Architekt nicht der Kammer beizutreten. Als Architekt kann man seine Altervorsorge dem Rentenwerk der Architektenkammer gestalten. Für die Befreiung von der DRV, also um ins Versorgungswerk der Kammer einzahlen zu dürfen, ist in vielen Bundesländern die Mitgliedschaft in der Architektenkammer obligatorisch. Genaue Auskunft darüber geben die Satzungen der Länderkammern.

Urteile zu Honorar und Vertrag

HOAI ist auch zwischen Privaten nicht mehr anwendbar. Die Parteien eines Architektenvertrags konnten eine Honorarvereinbarung nur im Rahmen der durch die HOAI festgesetzten Mindest- und Höchstsätze treffen, weshalb im Falle von den Mindestsatz unterschreitenden Vereinbarungen der Architekt oder Ingenieur im Regelfall die Mindestsätze verlangen konnte. Allerdings hat der EuGH durch Urteil vom 04.07.2019 festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland durch die Beibehaltung verbindlicher Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren gegen Europarecht verstoßen hat. Aus der Feststellung des Vertragsverstoßes folgt für den verurteilten Mitgliedstaat die Pflicht, den Verstoß zu beenden. Diese Pflicht trifft sämtliche Stellen des verurteilten Staats, somit auch die Gerichte. Hieraus folgt nach Ansicht des OLG Düsseldorf, dass das Preisrahmenrecht der HOAI nicht mehr angewendet werden darf. LG Düsseldorf, Urteil vom 17.09.2019 – 23 U 155/18

Mindestsätze der HOAI sind auch in Altfällen nicht mehr anwendbar. Das OLG Schleswig hat am 25.10.2019 entschieden, dass die Mindestsätze der HOAI wegen Verstoßes gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht auch in Altfällen nicht mehr anwendbar sind. OLG Schleswig, Urteil vom 25.10.2019 – 1 U 74/18

Eine Honorarvereinbarung kann per E-Mail geschlossen werden: Eine Honorarvereinbarung ist nicht gem. § 7 Abs. 1 HOAI 2013 unwirksam, weil sie auf elektronischem Weg und damit nicht schriftlich geschlossen wurde. OLG Celle, Urteil vom 01.04.2020 – 14 U 185/19

Ein Vermögensverfall indiziert Unzuverlässigkeit und führt zur Löschung aus der Architektenliste.  Ein Architekt ist unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht zeigt, dass er seinen Beruf künftig ordnungsgemäß ausüben wird. Für die Prüfung der Unzuverlässigkeit kommt es auf den jeweiligen Beruf bzw. das jeweilige Gewerbe und den Schutzzweck der entsprechenden berufs- bzw. gewerberechtlichen Bestimmungen an. Aufgrund eines nachträglich eingetretenen Vermögensverfalls besitzt ein Planer bzw. Bauüberwacher die für die Führung der geschützten Berufsbezeichnung “Architekt” erforderliche berufliche Zuverlässigkeit nach dem Urteil des VG Ansbach vom 02.03.2020 nicht mehr. VG Ansbach, Urteil vom 02.03.2020 – 4 K 17.607

Bauvorbereitende und -begleitende Betreuung ist nur eine Dienstleistung. Ergibt sich aus dem vertraglichen Leistungskatalog, dass der Architekt/Ingenieur nur bauvorbereitende und baubegleitende Betreuungsleistungen erbringen soll, wobei er nicht verpflichtet ist, für deren jeweiligen Erfolg einzustehen, ist ein Dienstvertrag anzunehmen. OLG Brandenburg, Beschluss vom 21.01.2020 – 12 U 69/19

Links im Internet sind gleichwertige Vergabeunterlagen. In der Leistungsbeschreibung kann auf technische Anforderungen Bezug genommen werden. Der Text eines in den einschlägigen Fachkreisen bekannten, für jedermann über das Internet innerhalb kürzester Recherche kostenlos zugänglichen Regelwerks muss den Vergabeunterlagen deshalb nicht beigefügt werden. VK Bund, Beschluss vom 30.10.2019 – VK 1-77/19

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2 Kommentare zu “Die HOAI schützt Bauherren

  1. Die HOAI wird bald nur noch orientierenden Charakter haben. Es kommt dann umso mehr darauf an, Bauherren von der Notwendigkeit bestimmter Leistungen zu überzeugen und das Leistungspaket auf die individuelle Bauaufgabe abzustimmen. Ich finde diese Entwicklung gut, denn sie führt zu mehr Transparenz und zu mehr Wettbewerb, besonders bei Großprojekten. Im Übrigen ist es schon immer möglich gewesen, Teilleistungen der HOAI zu beauftragen und somit die Planungskosten zu senken.
    https://baumensch.de/welche-folgen-hat-das-urteil-des-eugh-zur-hoai-2020/

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